Die Platte hat zwar schon ein paar Jahre auf dem Buckel, aber bisher wurde sie hier im Forum noch gar nicht besprochen, darum hole ich das jetzt mal nach.
Night of the Proms 2006, offizielle CD, Interpreten:
OMD, Mike Oldfield, Ike Turner, John Miles, Chico & the Gypsies, Tony Henry sowie das Orchestra Il Novecento und der Choir Fine Fleur unter der Leitung von Robert Groslot
Kritik:Wegen des OMD-Auftritts natürlich ein Muss. Da ich ab und an auch ganz gern mal klassische Musik höre hatte ich allerdings gehofft, etwas mehr zu erwerben als einfach nur eine OMD-Live-Maxi, doch da wurde ich schwer enttäuscht.
Positiv:
- Ike Turner hat sich mit der mir bisher unbekannten Lyrica Garrett eine Sängerin geholt, die verdammt nach Tina Turner klingt und ihre Sache prima macht, auch wenn die Versionen der Songs etwas müder sind als die Originale.
- John Miles ist an dem Abend sehr gut bei Stimme und bringt überzeugende Gesangsparts bei „Born to Run“ und „Shadow on the Wall“.
- Das Arrangement von „Maid of Orleans“ mit Chor am Anfang ist große Klasse, und ich habe Andy den Song selten schöner singen hören als hier (manchmal lohnt es sich, beim Singen auf Windmühlentänze zu verzichten
). Auch die „Seven Seas“ sind komplett anders arrangiert als auf „Electricity“, und es ist sehr schade, dass diese Arrangements nicht für das größere Royal Liverpool Philharmonic Orchestra angepasst wurden, sondern man stattdessen völlig neue in Auftrag gegeben hat.
Negativ:
- Die schönsten Arrangements bringen nicht viel, wenn man nur ein mäßiges Orchester und einen absolut lausigen Dirigenten hat. Bei den Pop-Stücken fällt das nicht so auf, aber ganz übel wird es bei der klassischen Musik (aus der etwa ein Drittel der CD besteht): Die Carmen-Ouvertüre klingt streckenweise mehr nach Zirkusmusik als nach Bizet. Das Strauss-Walzer-Medley wird so seelenlos vom Blatt gespielt, dass ich sogar eine André Rieu-Aufnahme vorziehen würde. Und beim „Indiana Jones Theme“ wünscht man sich spätestens nach 30 Sekunden sehnlichst den Original Soundtrack auf den Plattenteller.
- Der im Booklet vollmundig als „britische Antwort auf Pavarotti“ beworbene Tony Henry ist zwar sehr stimmgewaltig, hat aber eine nervtötende Stimmfarbe. Außerdem leidet er an der Unart der meisten Tenöre, keinen Ton länger als anderthalb Sekunden halten zu können, ohne dabei ins Vibrato gehen zu müssen. Auf deutsch: Er eiert sich über die langen Töne hinweg, dass es einem die Schuhe auszieht. Ganz besonders schlimm ist das im Duett mit John Miles, wo man sich permanent wünscht, die erste Stimme abschalten zu können und nur die zweite zu hören.
- Es gibt viele Versionen von „Tabular Bells“. Und obwohl dies bereits eine Kurzfassung ist, ist es die langweiligste von allen. Auch die Version von „Ommadawn“ setzt keine neuen Akzente – lediglich „Shadow on the Wall“ kann durch John Miles halbwegs überzeugen. Trotzdem würde ich die Platte insgesamt für Oldfield-Fans als Griff ins Klo bezeichnen.
Fazit:
Schöne OMD-Live-Maxi mit den beiden größten Hits im neuen Soundgewand, bei der man auf gar keinen Fall vergessen darf, die anderen 15 Stücke auszuprogrammieren.