Ich verabschiede mich mit meiner letzten Übersetzung für diese Woche in einen fünftägigen Berlin-Urlaub. Die weiteren Songs sind wie gesagt in Vorbereitung und folgen dann nach und nach ab Mitte nächster Woche. Heute habe ich den größten Teil des Abends damit zugebracht, mit meinem Schwager über den Originaltext und meine Übersetzung von "No Man's Land" zu diskutieren. Hier ist das Ergebnis:
Zur Übersetzung: Dieser Text war eine besondere Herausforderung. Nicht nur wegen der lyrischen Komplexität, sondern vor allem, weil mir nur eine fehlerhafte Textvorlage zur Verfügung stand. Ich denke zwar, dass ich die groben Fehler korrigieren konnte, aber eine Stelle ist immer noch etwas unklar: In der Zeile „That the rules of the game were the ones that you laid“ könnte das letzte Wort auch „layed“ heißen, ein Slang-Ausdruck für ‚Sex haben’. Im Zusammenhang des Textes wären beide Bedeutungen möglich, darum habe ich es nicht mit „die Spielregeln festgelegt“ übersetzt, sondern mit „die Spielregeln gezeugt“.
Zum Inhalt: Als einzige Sekundärquelle habe ich die Aussage von Andy, dass es ein sehr persönlicher Song sei. Viele Formulierungen sind bewusst nebulös gehalten und auch für englische Muttersprachler inhaltlich nicht eindeutig zu verstehen. Klar ist nur, dass es um die Last der Verantwortung geht, die man im Lauf des Lebens aufgebaut hat, indem man zum Beispiel Kinder in die Welt gesetzt hat, und um die Angst, zu versagen, weil man es nicht jederzeit allen recht machen kann. Aber wie bei vielen Gedichten muss jeder den Text letztlich für sich selbst interpretieren – mich hat er jedenfalls sehr berührt.
Niemandsland
Ave Maria, ave Maria. Ave Maria, ave Maria.
Niemand bat dich, zu sein, was du bist. Niemand befahl dir, so weit zu gehen. Manchmal brauchen sie mehr, als du geben kannst. Jeder fordert (von dir) das ultimative Geschenk.
In jedem schwachen Moment an jedem langen Tag fürchtest du dich mit jedem deiner Worte vor dem Versagen. Deine Frauen und deine Kinder, Familie und Freunde werden dich für jedes kleine Missgeschick verfolgen.
Und niemand kann dich retten, niemand vergibt dir. Du warst in dem Moment, den du lebtest, unter Neid begraben. Fortlaufen und verstecken wird dir nicht gut tun. Beten ist Verschwendung… Du hast nicht verstanden,
dass du die Spielregeln selbst gezeugt hast, vor all den langen Jahren, als du achtlos spieltest, in der Rolle des Schöpfers, von der Wiege bis zum Grab. Also leide still vor dich hin – du wirst niemals gerettet werden.
Und alle Antworten sind im Sand ausgewaschen, an einer weit entfernten Küste irgendeines namenlosen dunklen Landes, wo die Stille des Verstands sich nicht noch weiter ausdehnen kann auf die Evangelien der Märtyrer, die Nägel in ihren Händen.
Ungeschickt vorwärtsbrechend durch den Schutt des Schicksals zum letzten bitteren Kapitel, der letzten Pforte. Mit den Ketten, die du geschaffen hast, kannst du kaum aufstehen, um weiterhin langsam, sicher in dein eigenes Niemandsland zu stolpern.
|