Konzertbericht: Night of the Proms, Bremen, 06.12.2015
Meine erste Night of the Proms. Nicht nur wegen OMD, sondern auch wegen der von mir sehr geschätzten Maria Mena, die den Abend mit einer sehr hübschen Version von "The Hanging Tree" aus dem dritten Teil der "Tribute von Panem"-Filme eröffnete. Toll, aber ihr späterer Auftritt mit der aktuellen Single und zwei alten Hits war noch besser.
Die positive Überraschung des Abends war für mich der Tenor Fernando Varela. Eigentlich kann man mich mit Operngesang jagen, aber der locker zwischen Oper und Pop wechselnde Varela hat es geschafft, mir selbst eine Puccini-Arie erträglich zu machen.
Tiefpunkte waren für mich die altersschwachen Beach Boys, die zwar das im Schnitt mittelalterliche Publikum zum Kochen brachten, mich aber nicht vom Sitz rissen, und das Mundharmonika-Spiel von John Miles in der Winnetou-Melodie, das stark vom Original abwich und irgendwie deplatziert wirkte. Ansonsten waren die Auftritte des inzwischen ja auch nicht mehr taufrischen John Miles aber überraschend gut, vor allem seine Interpretation von "Wrecking Ball" gefiel mir um Längen besser als das Original der grauenvollen Miley Cyrus.
Insgesammt bekam ich gestern genau das zu hören und zu sehen, was ich erwartet hatte: Einen höchst unterhaltsamen Mix aus Klassik und Pop. Das Orchester "Il Novocento" bot einen soliden musikalischen Background, der Mädchen/Damen-Chor "Scala" war hübsch anzusehen und die bekannten Künstler durch die Bank weg alle genau wie das Publikum in sehr guter Stimmung. Als persönliches Fazit kann ich mir gut vorstellen, dass dies nicht meine letzte Night of the Proms war.
Kommen wir zu OMD, die den letzten Act vor der Pause bildeten.
Ich durfte wieder einmal live feststellen, was die Fans schon lange wissen: OMD haben es mit den jüngeren Alben nicht geschafft, eine neue Generation mit ins Boot zu holen. Jedenfalls musste ich in der Pause zwei Mädels (Alter: etwa Mitte 20) erklären, dass das da eben OMD waren und nicht, wie von ihnen vermutet, John Miles.
Der Auftritt selbst war jedenfalls kurz, aber kernig. Die Orchester-Version von "Maid of Orleans" entsprach ungefähr der, die bereits auf der CD "Night of the Proms 2006" verewigt wurde, und gefällt mir besser als das Original. Orchestral Manoeuvres mit echtem Orchester erzeugen bereits im Vorspann der Maid eine wohlige Gänsehaut. Danach gab's ein Medley aus "Talking Loud and Clear", "Forever Live and Die" (leider habe ich vergessen, die Mädels in der Pause zu fragen, ob sie sowohl Andy als auch Paul für John Miles gehalten haben
) und "Walking On the Milky Way". Die drei Stücke waren gut ausgewählt (hoher Bekanntheitsgrad beim älteren Publikum in Deutschland), von Paul und Andy gut gesungen und sehr schön orchestriert, lediglich aus den etwas abrupten Übergängen zwischen den Stücken hätte man mehr machen können.
Zum Abschluss gab es dann noch "Sailing on the Seven Seas". Hier forderte Andy alle Zuschauer zum Aufstehen auf, so dass ich den ganzen Song über abgetanzt und mitgesungen habe und deshalb nicht so genau sagen kann, wie gut oder schlecht die Version war, aber ich hatte auf jeden Fall meinen Spaß.
Allgemeines Fazit: Wer OMD noch nie mit klassischem Orchester live gesehen hat, sollte dringend versuchen, eine der wenigen Restkarten für die noch anstehenden "Night of the Proms"-Konzerte zu ergattern. Die Tickets sind zwar nicht billig, aber es lohnt sich!